Nach zwei Wochen kann ich sagen: an Pommes hab ich mich noch immer nicht satt gegessen. An Schokolade schon. Muscheln hab ich noch nicht probiert, und zum Bier trinken fehlt mir der Kumpane.
Hab ich Heimweh? Nein. Aber Zeit zum Nachdenken hatte ich auch noch nicht.
Ich bin froh, dass ich hier in Brüssel bin, Brüssel ist für mich eine sehr ästhetische Stadt, inspirierend und bis jetzt auch sehr sympathisch, bis auf diverse Preise vielleicht.
Mein erstes freies Wochenende ist bis jetzt leider nicht so verlaufen, wie ich es mir gewünscht hab, aber naja, ich bin ja noch zehn Monate hier. Und morgen ist auch noch ein Tag. Alles, was ich tun will, ist ein langer Spaziergang von hier bis zum Grand Place. Hier ist übrigens Etterbeek, ich wohne in La Ruche, einem Foyer der Arche Bruxelles, mit sechs geistig behinderten Erwachsenen und vier anderen Assistenten in einer Wohngemeinschaft. Die anderen Assistenten sind wirklich nett und die „Personnes“ auch. In Brüssel gibt es noch drei andere Foyers der Arche und außerdem das Grain, die Werkstatt, in die die meisten Personnes tagsüber gehen. Als Assistent hat man hier relativ viel freie Zeit, die ich momentan aber hauptsächlich nur zum schlafen nutze. Müde bin ich, weil mein Gehirn von morgens bis abends mit Französisch zugedröhnt wird, was ich aber dummerweise nicht beherrsche. In der Schule hatte ich nur Spanisch, und so hab ich, bevor ich hier hergekommen bin, zuhause ein bisschen gelernt, eigentlich hab ich mir zwei Stunden pro Tag vorgenommen, tatsächlich habe ich aber nur die ersten zehn Lektionen eines Langenscheidt-Selbstlerner Buches geschafft. Immerhin habe ich es auf Stufe zwei in meiner Sprachschule geschafft und sitze jetzt drei Mal die Woche von 8:45 bis 12:20 am Porte de Namur in einem Französisch-Intensivkurs. Der ist gar nicht mal so schlecht, die Lehrerin für Dienstag und Donnerstag ist nett, der Lehrer für Freitag auch, mir taugt der sogar noch bisschen mehr.
Erleben tut man hier echt viel. Letztes Wochenende wollten wir mit den Personnnes in den Parc du Cinquantenaire gehen, nur ein kleiner Spaziergang zu einer Ausstellung mit Schaukeln und einem kleinen Karussell, gelandet sind wir auf einer Reggaeparty, die man schon von weitem riechen konnte, außerdem haben wir spontan auf einer türkischen Hochzeit getanzt, das war wirklich... extra. Das Meer hab ich letzten Sonntag auch schon gesehen, in Ostende, das war toll. Picknick am Strand mit blauem Himmel. Wunderbar.
Ich warte sehnsüchtig auf den Tag, an dem ich die Tagesabläufe hier im Foyer in- und auswendig kann und immer weiß, was zu tun ist. Zu tun ist zum Beispiel: die Personnes wecken, Frühstück machen, putzen, waschen, bügeln, Goûter herrichten, jemanden duschen, abends kochen und jemanden ins Bett bringen. Nichts weltbewegendes, trotzdem hoffe ich ständig, dass ich nichts vergessen habe oder falsch mache. Am Montag muss ich zum Beispiel kochen für zwölf, da muss noch eine Idee her. Die große Köchin bin ich nämlich nicht.
Bis jetzt bin ich auch noch die einzige neue Assistentin hier. Auf Montag bin ich schon sehr gespannt, weil dann nämlich ein anderer neuer Assistent da ist und ich endlich nicht mehr alleine bin. Alleine bin ich hier sowieso nicht, aber als neue Assistentin schon.
Generell bin ich aber wirklich dankbar, dass ich hier in der Arche sein darf, hier ist es echt toll und ich kann viel lernen, viel und dazu hoffentlich noch ganz schnell Französisch.